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Nicht abwatschen, sondern erklären

Kommentar zum Landkreisbesuch von Winfried Kretschmann, Artikel in der SchwäZ am 5. Oktober, online am 3. Oktober – „die letzte Antwort lockt Kretschmann aus der Reserve“

Winfried Kretschmann antwortete dem Kreisbewohner Johann Wolf so, wie ich es von einem Grünen-Politiker nicht erwarten möchte (siehe youtube-Video bei 2:26:44 Min.): „Irgendwo muss das Zeug ja hin“, gab er patzig, gar zornig zu diesem „urgrünen“ Thema Verkehr zurück und stellte sich damit paradoxerweise auf die Seite der Bahn. Ich hätte von ihm eine andere Antwort vermutet (oder gewünscht), etwa: „Sie haben Recht, das ist ökologischer Wahnsinn, aber wir sind da in einer blöden Situation.“ Denn die Situation ist tatsächlich schwierig. Wie man weiß hat Kretschmann jahrelang selbst gegen das Großprojekt Stuttgart21 gekämpft und fühlt sich seit der Abstimmung 2011 verpflichtet, den Bau durchzuziehen, allerdings dies auch immer kritisch zu begleiten, wie gerne betont wird. Die Frage des Hettinger Bürgers ist deshalb richtig und wichtig und für viele Menschen relevant. Ja, es ist „ökologischer Schwachsinn“, wie Johann Wolf sagte und so unterirdisch wie der Tiefbahnhof selbst. Die graue Energie – also die Herstellungsenergie, die in den Bahnhof gesetzt wird, (also auch die Abraumfahrten nach Bittelschieß) – wird wahrscheinlich niemals die Energieersparnis (Zug gegenüber Pkw) aufwiegen können und wird einfach nicht beachtet, müsste sie aber! Viel besser wäre es, den Abraum auf die Schiene zu verladen und nach Mengen zu transportieren, schließlich sprechen wir von einem BAHN-Projekt. Auf der Internetseite zu S21 kann man stattdessen dies lesen: „Da Bauprojekte oftmals mit einem Eingriff in unsere Landschaft und Natur verbunden sind, wird umweltverträgliches Bauen immer wichtiger. Und deshalb spielt der Umweltschutz beim Bahnprojekt Stuttgart–Ulm eine zentrale Rolle.“

So viel zum PR-Geschwurbel der Deutschen Bahn. Kretschmann selbst hätte es bei dieser klugen Frage in der Hand gehabt, hier zum einen versöhnlich zu sein, zum anderen zu erklären: Die Bahn hat vor der Volksabstimmung einfach nicht mit offenen Karten gespielt, sei es bei den Kosten (die stiegen kurz nach der Abstimmung auf 6,5 Mrd., heute sind wir bei geschätzten 8,5 Mrd.), zum anderen, was das tatsächlich für Belastung für die Bevölkerung mit sich bringt. Kretschmann hätte dies ruhig selbst beanstanden können, gerade auch als Ministerpräsident.   

Mit dieser saloppen Antwort hat Kretschmann nicht nur einen Menschen gegen seine Politik und die Grünen gebracht („typisch Grünen-Politik gab Johann Wolf noch als Antwort). Alternativ hätte Kretschmann sich bedanken können, von dieser Situation zu hören (und z.B. Tempo 30 für Lkw in solchen Ortsdurchfahrten einführen, vorschlagen). Das wäre im Sinne der „Politik des Gehörtwerdens“ würdiger gewesen als dieses „Abwatschen“.  

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