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Der Stromausfall

Schlimm genug, dass ich oft am Computerbildschirm sitze, schlimmer ist nur noch, wenn etwas mit dem Rechner nicht funktioniert. So wie an diesem Morgen. Ich musste eine Einstellung an meinem Mailprogramm ändern, aber das Senden und Empfangen von Mails wollte einfach nicht funktionieren. Irgendwann kam ich drauf, in den Tiefen des Programms  eine Einstellung zu ändern. Dann klappte es. Diese „Baustelle“ nahm nach knapp zwei Stunden ein Ende, mein Jubelschrei war bis auf die Höhen der Stadt zu hören.  

Bis dahin hatte ich noch fast nichts Kreatives zu Papier gebracht, geschweige denn was auf der Baustelle geschafft. Jetzt aber sollte es losgehen, der Schreibtisch war voll mit Dingen, die den Stempel „unbearbeitet“ trugen. Die Motivation war da, jetzt konnte ich loslegen. Kurz nachdem ich den Wasserkocher gefüllt und ein paar Dateien von links nach rechts auf dem Computer geschoben hatte, machte mein Rechner „suuuuiiii“ und der Bildschirm war schwarz. Auch das typische Geräusch, wenn im Wasserkocher das Wasser beginnt wärmer zu werden, verstummte. Ruhe! Selbst die Pumpen „meines“ großen Fischteichs auf der gegenüberliegenden Straßenseite verstummten und zeigten mir, wie ruhig es hier sein konnte (ich nenne ihn ironischerweise „meinen“ Fischteich, um Freunden zu zeigen, was für ein toller Hecht ich bin, mir so ein Ding unerlaubt in den benachbarten Garten zu stellen).

… grade wollte ich den Spiritus-Brenner anwerfen, um Kaffee zu kochen, da kam der Strom wieder zurück

Manche sagen Stromausfall, für mich war es der zweite Lockdown in diesem Jahr, endlich mal runterfahren und nichts tun. Für mich sind solche Situationen bizarr, weil ich eigentlich immer was tun könnte. Ich zwang mich also dazu, ein Buch zu schnappen und mich aufs Bett zu setzten. Ruhig lesen konnte ich allerdings nicht, in meinen Gedanken schweifte ich zu meinen Baustellenplänen ab. Der neue Holzofen, der ja die Zentralheizung mit versorgt, kann nur betrieben werden, wenn Strom da ist. Der Ofen war glücklicherweise aus, denn ich hatte am Vorabend geheizt und der Pufferspeicher war noch voll. Hätte das Feuer gebrannt, hätte sich ein mechanisches Ventil geöffnet und der Ofen wäre mit Frischwasser gespült worden, um ihn runterzukühlen. Glück gehabt! Trotzdem ratterte es in meinem Kopf. Was ist, wenn den ganzen Tag kein Strom ist, also die Heizung länger ausfällt? Wie werden die Menschen reagieren? Mir kam der alte Holzofen, der immer noch in der Küche steht, in den Kopf, den könnte ich illegalerweise anwerfen, um mich vor dem sicheren Erfrierungstod zu schützen. Im Vertrauen in die Menschen bei den Stadtwerken, beruhigte sich mein „Film im Kopf“ wieder. Die werden das schon schaffen. Ganz Prepper-like (Prepper sind solche Menschen, die sich auf den schlimmsten Notfall vorbereiten und Dosenfutter horten) spielte ich trotzdem durch, was es sonst noch so braucht für das Haus, das ich renoviere. Auf jeden Fall ein Holzofen, der ohne aufwendige Technik funktioniert, also ohne Strom. Gedanken hab ich mir darüber schon lange gemacht, jetzt aber werde ich mir einen ins Obergeschoss stellen. Der wird dann später für Gemütlichkeit im oberen Büro sorgen.

Das Radio trällert wieder, vorbei ist’s mit der Ruhe

„M´r dät gut dra, wemma net so viel Technik hättet“, höre ich meine Oma sagen. Tatsächlich spüre ich gerade in solchen Zeiten, wie abhängig ich (wir) von der Technik bin. Will ich das überhaupt? Ich hatte an dem Stromausfall-Tag das Buch irgendwann ganz weggelegt, die Augen geschlossen und mir überlegt, was es eigentlich braucht zum (Über)leben. Wärme gehört dazu und was zu essen und Menschen, die im Fall der Fälle zusammenhalten. Aus meinem Tagtraum wurde ich nach etwa einer Stunde jäh wieder aufgeweckt. Das Radio in der Küche begann zu trällern und draußen begannen die Pumpen wieder zu arbeiten. Die Ruhe war vorbei. 

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